Digitaler Wandel und Kommunikation - mit Menschen, für Menschen
00:00:00: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Sozialgespräch-Folge.
00:00:04: Wenn ihr Maunzen hört, das ist mein Kater, der gerade mitreden möchte, das lasse ich drin.
00:00:09: Heute haben wir eine Folge, die ein bisschen spontan und ungeplant entstanden
00:00:13: ist. Und zwar spreche ich mit Kimon vom YouTube-Kanal Lebensweltenwanderer.
00:00:18: Wir haben gesprochen relativ zeitnah nach den letzten großen Demonstrationen
00:00:23: in Düsseldorf, wo die Wohlfahrt auf die Straße gegangen ist gegen die Sozialkürzungen.
00:00:28: Eigentlich war das Gespräch nur als kurzer Input für sein YouTube-Video gedacht,
00:00:35: das Kimon dazu gemacht hat, das jetzt auch schon online ist.
00:00:38: Ich verlinke euch das in den Shownotes.
00:00:40: Und wir haben uns dann aber, wie bei Kimon und mir, wenn wir reden,
00:00:45: fast immer der Fall, ehrlicherweise,
00:00:47: so ein bisschen verquatscht und haben deutlich mehr darüber gesprochen als nur
00:00:50: die drei, vier Minuten Input und sind dann von den Demos auf so Grundsatzfragen
00:00:55: der soziallobbyistischen Arbeit und der Sozialen Arbeit,
00:01:01: ihre Standings in der Gesellschaft und Ähnliches gekommen und fanden das Gespräch dann,
00:01:06: ich will jetzt nicht sagen inspirierend, das klingt nach Eigenlob,
00:01:09: aber zumindest zu schade, um nur den Ausschnitt im Video zu bringen und das
00:01:13: sonst in die Tonne zu treten.
00:01:15: Deswegen folgt jetzt gleich das Gespräch zwischen Kimon und mir.
00:01:20: Einen Ausschnitt davon seht ihr in seinem YouTube-Video. Das Video an sich finde
00:01:24: ich sehenswert. Wie gesagt, ist verlinkt.
00:01:27: Denkt bitte daran, es war ungeplant. Es war wirklich aus dem Eindruck der Demonstration heraus.
00:01:34: Und ja, wir fanden es einfach zu schade, um es wegzutun.
00:01:38: Daher die Bitte oder Einladung an euch. Gebt uns Feedback. Was denkt ihr zu
00:01:43: unseren Äußerungen, zu unseren Gedankengängen?
00:01:46: Das Ganze ist tatsächlich auch als Diskursimpuls gedacht.
00:01:50: Und wir freuen uns, wenn da Feedback kommt und da von euch auch noch Ergänzungen
00:01:55: kommen. Denn das Thema ist super komplex.
00:01:57: Es gibt zig verschiedene Haltungen, keine richtig oder falsch,
00:02:01: sondern verschiedene Rangehensweisen.
00:02:03: Und wir fänden es beides super, wenn ihr in den YouTube-Kommentaren oder als
00:02:07: Reaktion auf diesen Podcast hier euch bei uns auch in den Social Media meldet
00:02:11: und wir da ins Gespräch kommen.
00:02:13: So, jetzt viel Spaß beim Sozialgespräch rund um die Auswirkungen der Demonstrationen
00:02:18: gegen die Sozialkürzungen NRW, rund um die Frage, wie Soziale Arbeit sich da
00:02:24: vielleicht auch besser positionieren kann. Viel Spaß damit.
00:02:29: Sozialgespräch, der Podcast rund um Social Impact, digitalen Wandel und vor
00:02:34: allem mit inspirierenden Menschen.
00:02:36: Music.
00:02:44: Vielleicht fangen wir doch einfach mal, ich stelle dich natürlich auch vor,
00:02:47: aber mich würde dann doch mal interessieren, wie du dich vorstellen würdest. Wer bist du?
00:02:53: Ja, hi zusammen. Christian Müller, mein Name.
00:02:56: Der Sozialpädagogik von Haus aus. Die letzten Jährchen, aber hast du ein 15-plus-Jährchen
00:03:01: eher so im digitalen sozialen Arbeitsbereich unterwegs.
00:03:04: Und inzwischen auch wieder bei einem Caritas, dir zu sagen Caritaserband für
00:03:10: Kommunikation und Projekt gegen Einsamkeit in Paderborn zuständig.
00:03:15: Also eine Mischform aus selbstständig und angestellt, aber immer im Rahmen Wohlfahrt
00:03:20: und sozialer Arbeit unter dem, wie ich es nennen würde, Slogan digital auch sozial.
00:03:27: Und du warst ja auf der Kundgebung letzte Woche.
00:03:31: Wie fandest du die Kundgebung?
00:03:34: Ich muss sagen, ich fand sie sehr cool. Ich fand es schade, dass wir nicht vom
00:03:38: Bahnhof wie geplant loslaufen konnten und direkt vor dem Landtag demonstrieren konnten. Das schon.
00:03:43: Bei der Zahl der Teilnehmenden hat es mich jetzt aber auch ehrlicherweise nicht
00:03:46: gewundert, dass der Polizei das wahrscheinlich auch nicht angetan durch die
00:03:50: Stadt. Ich meine, je nachdem, wie man glaubt, die Polizei sprach von 32.000,
00:03:54: die RP Online sprach von 35.000 Teilnehmenden.
00:03:58: Also es waren eine Menge Menschen da und das war schon wirklich sehr,
00:04:02: sehr schön und für mich auch sehr motivierend zu sehen, dass Wohlfahrt und die
00:04:05: Kolleginnen aus den verschiedensten Verbänden und Bereichen so motiviert dahinterstehen
00:04:10: und so klare Kante zeigen.
00:04:12: Aber es hat auch gezeigt, und es ist für mich so ein bisschen der Wehmutstropfen
00:04:15: dabei, wie ernst die Situation schlicht und ergreifend ist, weil so viele Leute
00:04:20: mobilisieren wir nur dann, wenn es wirklich zählt und das tut es gerade halt eindeutig.
00:04:27: Da passt die Folgefrage ganz gut zu. Wie schätzt du den Impact der Kundgebung
00:04:31: insbesondere auf die Hintergrundarbeit der Soziallobbyistinnen ein?
00:04:35: Muss man, glaube ich, differenzieren. Ich glaube, dass das Signal,
00:04:39: dass Wohlfahrt klar Position bezieht und das nicht klangstill und heimlich mit
00:04:46: sich machen lässt, sondern klanglos, weil die Formulierung die Suche da mitspielt
00:04:50: und sich einfach dem hingibt. Ich glaube, das Signal kommt schon an.
00:04:54: Jetzt konkret für die Lobbyarbeit muss man halt auch ehrlicherweise sagen,
00:04:58: wenn man sich jetzt so den Zeitplan im Landtag anguckt, wann da was verabschiedet wird,
00:05:03: da ist halt nicht mehr viel Luft, dass diese Kürzungen, die geplant sind für
00:05:07: den Haushalt und der Haushalt hat auch beschlossen werden.
00:05:09: Von daher bezweifle ich einfach aufgrund dessen schon, dass die Wirkung riesengroß ist.
00:05:15: Ich glaube aber schon, dass es auch schon davor, weil es war ja angekündigt
00:05:19: und bekannt, dass es kommt, dass es einen Impact hat und eine Wirkung im Sinne
00:05:24: von, dass es noch Druck aufbaut und zeigt, hey, ein bisschen entgegenkommen müsst ihr uns.
00:05:29: Und ich bin auch der Überzeugung, dass es da ein paar entgegenkommende Kompromisse geben wird.
00:05:34: Ich persönlich glaube aber schon, dass ein Großteil der geplanten Kürzungen
00:05:38: auch so umgesetzt wird und wir das spüren werden.
00:05:41: Und das liegt jetzt gar nicht in der Demos, sondern einfach daran,
00:05:43: dass es in dem Prozess schon so weit fortgeschritten ist, dass ich nicht daran
00:05:47: glaube, dass ich da noch extrem viel ändern kann, einfach so kurzfristig.
00:05:53: Losgelöst von der Kundgebung, aber durchaus auch mit Blick darauf,
00:05:56: wie schätzt du die aktuelle Lobbyarbeit der Wohlfahrtspflege ein?
00:06:01: Da muss man, glaube ich, differenzieren. Was gerade läuft und passiert,
00:06:05: finde ich sehr, sehr gut.
00:06:06: Ich kriege mit, auch von den Kolleginnen und Kollegen, die in diesem Bereich
00:06:09: aktiv sind, dass da ganz viel gearbeitet wird.
00:06:13: Wirklich viele Termine stattfinden, viele Gespräche, viel Hintergrundarbeit.
00:06:17: Das meiste ist niemals das Licht der Welt, aber das ist normal, ehrlicherweise.
00:06:22: Der kommunikative öffentliche Teil ist immer so die Spitze des Eisbergs,
00:06:26: der unterstützend ist, aber die eigentliche Arbeit findet ja in Gremien und Co. statt.
00:06:31: Differenzieren deshalb, weil die aktuelle Arbeit, die geleistet wird,
00:06:34: finde ich sehr gut. Es kommt das Aber.
00:06:38: Mir ist das immer zu wenig. Das ist aber nicht irgendwie ein Vorwurf an die
00:06:42: Kolleginnen und Kollegen, die die Arbeit machen und sich da wirklich reinhängen,
00:06:46: sondern einfach der Tatsache geschuldet, dass sei es die Ressourcenausstattung, sei es Priorität,
00:06:51: zig verschiedene Gründe, Faktoren, whatever,
00:06:55: dass wir einfach nicht diese Wirksamkeit auf die Straße bringen.
00:06:58: Und mit Straße meine ich jetzt nicht Demo, sondern politische Straße, wie wir es gerne hätten.
00:07:02: Das hat aber auch, muss man ehrlicherweise halt sagen, viel mit der Rahmenbedingung
00:07:06: gesellschaftlich auch zu tun, was die Wertschätzung betrifft und wem halt auch
00:07:10: die, aus gesellschaftlicher Sicht jetzt die Wirkungsmacht zugestanden wird.
00:07:14: Wenn ich einen Vergleich mache, eine Autolobby hat einfach deutlich mehr Schlagkraft,
00:07:19: nicht nur wegen der Finanzierung, sondern auch deshalb, wenn die laut schreien,
00:07:22: Arbeitsplätze in Gefahr.
00:07:23: Das mediale Echo und das gesellschaftliche Echo halt leider Gottes ein völlig
00:07:27: anderes ist, als wenn die soziale Arbeit in Wohlfahrt sich hinstellt und sagt,
00:07:30: unsere Arbeitsplätze sind in Gefahr.
00:07:32: Aber da wird halt medial und auch gesellschaftlich lange nicht so drauf geguckt
00:07:36: und reagiert, wie wenn ein VW, eine Mercedes oder sonst jemand sagen würde,
00:07:40: hey, bei uns fahren Arbeitsplätze weg.
00:07:42: Das ist zwar weniger, weil die Wurfer, dass es eine viel größere Arbeit gibt
00:07:45: und auch viel wichtiger aus meiner Sicht, aber in der medialen und gesellschaftlichen
00:07:49: Wahrnehmung sind wir halt von der Priorität wo ganz anders.
00:07:53: Und das ist etwas, was ja schon sehr lange entstanden ist und was Lobbyarbeit
00:07:59: alleine einfach nicht fixen kann und das halt auch einen Rahmen für Lobbyarbeit
00:08:02: bildet und den Hebel entsprechend verkürzt, leider Gottes.
00:08:06: Du hast es ja selber gerade schon gesagt, die Wohlfahrtspflege ist ja was gerade,
00:08:10: wenn wir es ganz plump sagen, die Arbeitsplätze, die sie zur Verfügung stellt, viel größer.
00:08:14: Wie erklärst du dir, dass wir medial und auch in der Politik nicht so wahr und
00:08:21: auch ernst genommen werden?
00:08:22: Wenn ich das beantworten könnte, wäre ich wahrscheinlich in einer anderen Position.
00:08:26: Du hättest wahrscheinlich ein Buch darüber geschrieben, aber meine persönliche
00:08:29: Meinung ist, also A, es ist komplex logischerweise, oder EFIP ist ein weiteres
00:08:34: Feld, würde ich jetzt mal sagen. Und daher nicht simple, aber natürlich große Faktoren.
00:08:39: Einmal Care-Arbeit, sei es jetzt Kindererziehung, sei es Pflege zu Hause,
00:08:45: sei es professionelle Pflege und soziale Arbeit.
00:08:47: All diese Geschichten sind bei uns in Deutschland zumindest gesellschaftlich
00:08:52: schlicht und ergreisen niedriger angesetzt von der Priorität her als die Arbeit,
00:08:57: die wirtschaftlich und finanziell deutlich mehr Auswirkungen mit sich bringt.
00:09:01: Das ist leider Gottes Sohn.
00:09:03: Warum das kulturell so ist, kann ich ehrlicherweise nicht hundertprozentig beantworten.
00:09:07: Ich habe eine Menge historische Erklärungen gelesen, nicht alle ergeben sind für mich.
00:09:11: Das Zweite ist einfach, das muss man auch dazu sagen, und das sage ich jetzt
00:09:15: selber als Sozialpädagoge, deswegen bitte nicht irgendwie als Horror verstehen,
00:09:19: ich schließe mich damit ein.
00:09:20: Wir im sozialen Bereich haben auch so diese Haltung, wenn wir unsere Arbeit
00:09:24: gut machen und Menschen helfen, ist das schon gut. Wir müssen jetzt nicht groß
00:09:28: laut drüber sprechen und Werbung in eigener Sache machen oder uns gar loben
00:09:31: auf die Schulter klopfen dafür.
00:09:34: Das ist ein professionelles Selbstverständnis, dass andere Berufsfelder und
00:09:38: Professionen ein bisschen anders handhaben. Ich nenne es mal ganz folglich.
00:09:42: Das dritte ist tatsächlich, das muss man halt auch sagen, dadurch,
00:09:46: dass in den letzten Jahren und fast schon Jahrzehnten die finanzielle Ausstattung
00:09:49: ja immer weniger wurde und auch die Personaldecke immer dünner,
00:09:53: wichtig jetzt nicht Gesamtzahl, sondern im Vergleich zu den Anforderungen,
00:09:57: die gestellt werden an das Soziales, das darf man ja nicht vergessen.
00:10:00: Klar sind es mehr Mitarbeiter geworden, aber der Bedarf ist halt auch Kilometergröße geworden.
00:10:05: Und die Welle der Senioren und Senioren, die zu pflegen sind,
00:10:09: steht uns jetzt erst noch bevor.
00:10:10: Wenn die aktuelle Generation jetzt in den Ruhestand geht demnächst,
00:10:14: dann werden wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren erst richtig Anforderungen sehen.
00:10:19: Vom Migrationsbereich, Integration, Arbeitsmarkt, Okoma, ganz zu schweigen,
00:10:23: die auch nicht so ganz irrelevant wären. Also vor diesem Hintergrund operieren
00:10:27: wir immer so an der Grenze und über der Grenze der Belastbarkeit.
00:10:31: Das lässt einfach extrem wenig Raum für Kommunikation darüber hinaus,
00:10:36: für Lobbyarbeit, für Engagement im politischen Bereich, sage ich jetzt einfach mal.
00:10:42: Und das führt halt dazu, dass die Sichtbarkeit auch entsprechend schlechter ist.
00:10:47: Letzter Aspekt ist, an dem wie ich viel meine Arbeit mit Studierenden in der
00:10:51: Sozialen Arbeit zumindest sehr, sehr oft.
00:10:54: Ja, sozialpolitische Arbeit, auch wenn Sie aus meiner Sicht Kern der Sozialen Arbeit
00:10:59: ist, also nicht die sozialpolitische Arbeit, sozialpolitische Lobbyarbeit,
00:11:03: weil sozialpolitische Arbeit und Lobbyarbeit sind verschiedene Dinge,
00:11:06: aber die sozialpolitische Lobbyarbeit wird halt von vielen Sozialarbeiten,
00:11:11: Fachkräften der Sozialen Arbeit auch überhaupt nicht als ihre Aufgabe gesehen.
00:11:14: Auch wenn sie den politischen Auftrag der Sozialen Arbeit irgendwie zur Kenntnis
00:11:17: nehmen, aber die meisten sagen dann halt doch, ich will mit Menschen arbeiten.
00:11:21: Diese ganze Politikgeschichte ist mir zu mühsam, was ich sehr gut verstehen
00:11:24: kann. Das ist auch mühsam.
00:11:26: Aber wenn das die Haltung ist, dann haben wir ein Problem.
00:11:29: Das führt dazu, dass wir leider in diesem Kontext auch viel zu wenig Leute haben,
00:11:33: die Ahnung haben vom sozialen, also aus fachlicher Sicht Ahnung.
00:11:36: Jetzt nicht, dass die Menschen kein sozialer Ader hätten, aber fachlich ausgebildet
00:11:40: aus der Sozialen Arbeit kommen. Ich kenne inzwischen einige ehemalige Pflegekräfte
00:11:45: und SozialarbeiterInnen, die in Landes- und Bundestagen sitzen, das schon.
00:11:50: Also das gibt es. Aber wenn ich das vergleiche mit anderen Berufen,
00:11:54: namentlich aus der Finanzbranche und der Wirtschaftsbranche,
00:11:57: aus der Verteilung der Abgeordneten und Abgeordneten in den verschiedenen Häusern,
00:12:01: dann ist das schon eine verschwindende geringe Zahl da drin, ehrlicherweise.
00:12:05: Und das ist halt ein Problem, weil wenn du nicht in repräsentierenden Gremien
00:12:09: vertreten bist, dann musst du dich auch nicht wundern, dass du nicht im politischen
00:12:13: Diskurs, sondern im gesellschaftlichen Diskurs extrem auftauchst.
00:12:16: Das ist keine Überraschung.
00:12:18: Die nächste Frage knüpft da wunderbar an.
00:12:21: Du hast sie zum Teil schon ein bisschen beantwortet oder angeschnitten. Wie kann man als Person,
00:12:26: die an der Basis arbeitet, die Soziallobbyistin in den nächsten Wochen bis zur Wahl unterstützen?
00:12:37: Ist das überhaupt möglich?
00:12:39: Möglich ist das sicherlich. Ich persönlich sehe da drei Wege.
00:12:43: Der erste ist der unbequemste. Also ja, dieses Ding mit auf Social Media und
00:12:47: generell Kanälen für Sichtbarheit sorgen ist da drin, aber das ist Punkt drei.
00:12:52: Also der letzte von der Priorität her auch. Der zweite, von hinten an,
00:12:56: der zweite wäre tatsächlich bei sich in der Einrichtung im Träger,
00:13:00: im Verband zu fragen und zu schauen, machen wir irgendwas?
00:13:03: Haben wir Petitionen laufen? Schicken wir Sammelbrief irgendwo hin?
00:13:07: Gibt es irgendwas, wo ich beteiligen kann?
00:13:09: Machen wir kleine Mahnwachen bei unserem Landtagsabgeordneten vom Büro oder
00:13:13: weißt du, egal, irgendwie sowas? Also kann ich mich noch einbringen,
00:13:17: institutionell, strukturell, in irgendeiner Form, im Kleinen,
00:13:20: nicht Riesenrad drehen, sondern das Kleine.
00:13:22: Aber die Erstprior aus meiner Sicht und das Wirksamste ist das,
00:13:26: was auch am Mühsamsten ist,
00:13:28: weil das ist tatsächlich entweder, wenn es sie gibt im Vorfeld noch,
00:13:31: die Bürgersprechstunde des Landtags Abgeordneten zu nutzen oder der Abgeordneten
00:13:36: oder ganz in der Tiefen, es kommt der Punkt, den alle anstrengend finden,
00:13:40: tatsächlich mal einen Brief zu schreiben.
00:13:41: Und ja, ich meine Post, nicht E-Mail oder sowas.
00:13:44: Das geht natürlich auch, aber als Erfahrung, E-Mails sind schneller gelöscht,
00:13:47: wir ignorieren das Briefe einfach.
00:13:49: Briefe sind dann doch nochmal eine andere Hausnummer oder noch besser.
00:13:52: Ich greife zum Telefonhörer und rufe da mal an.
00:13:55: Also ich muss erstmal wissen natürlich, wer ist langtagsabgeordneter für meinen Bereich.
00:14:00: Also welche Person ist mein Adressat oder Adressatin. und dann da tatsächlich
00:14:04: persönlich Kontakte aufzunehmen und möglichst viele Menschen in meinem Umfeld
00:14:08: dazu zu motivieren, das eben auch zu tun, diesen etwas mühsamen Schritt zu gehen,
00:14:12: weil die Erfahrung zeigt einfach.
00:14:16: Gewählte VolksvertreterInnen reagieren, nein, nicht primär auf Lobbygeld,
00:14:21: wie man mancher Böse sagt, sondern tatsächlich, wenn ihre Wählerinnen und Wähler
00:14:25: ihnen sehr deutlich zu verstehen geben, was ihre Prioritäten sind.
00:14:29: Das Problem ist nur, das sind meistens nicht die, die demonstrieren gehen und
00:14:33: Co., weil demonstrieren ist das eine, das ist cool.
00:14:37: Aber sich mit dem Telefon und vielleicht ein Stück Papier in der Hand irgendwie
00:14:41: nochmal explizit an so einen Landtagsabgeordneten zu wenden,
00:14:44: ist halt eine andere Form der Unbequemlichkeit, sage ich es einfach mal.
00:14:48: Aber auch ein ganz anderer Weg gehört zu werden tatsächlich.
00:14:52: Und wenn ich da viele Leute motivieren kann und das hinbekomme,
00:14:57: da kann ich die Nummer drei nutzen.
00:14:58: Also man kann es beispielsweise Medienkanäle oder Nummer zwei in der Anführung
00:15:02: organisieren, dass wir alle anfangen zu schreiben.
00:15:04: Oder wenn ich im Kita-Bereich arbeite, die Eltern vielleicht fragen,
00:15:08: motivieren, Klammer auf, wenn mein Arbeitgeber das Schnitt spielt, Klammer zu,
00:15:11: das probierte vorher ab, dass wir da nochmal alle dazu motivieren,
00:15:16: bei den zuständigen EntscheiderInnen da nochmal unbequem zu werden und laut
00:15:21: und deutlich zu werden, immer höflich natürlich, nicht irgendwie übergriffig,
00:15:25: einfach und deutlich zu machen, hey, eure Wählerinnen und Wähler,
00:15:29: das Volk, für das ihr eintretet, sieht diese Kürzungen doch einen Tick kritischer,
00:15:33: als es vielleicht bisher wirkte.
00:15:35: Es ist nicht nur eine Horde protestierender Mitarbeiterinnen,
00:15:39: die ihren Job behalten wollen, da hängen auch noch andere dran.
00:15:42: Das ist aus meiner Sicht das Wirksamste, was jeder und jeder Einzelne tun kann,
00:15:46: wenn ich jetzt nicht gerade in dem Bereich arbeite, war vorhin klar.
00:15:49: Dankeschön. Als letzte abschließende Frage, um auch nochmal vielleicht so einen
00:15:54: Gesamteindruck ein bisschen zu bekommen.
00:15:56: Du hast ja viel Kontakt, insbesondere zu der kirchlichen Wohlfahrtspflege und
00:15:59: auch zu denen, die die Hintergrundarbeit, die Lobbyarbeit maßgeblich mitgestalten.
00:16:04: Wie bereiten sich diese Personen und auch Arbeitskreise aktuell auf die Wahlen vor?
00:16:10: Es kam ja alles jetzt sehr plötzlich, es wurde vorgezogen.
00:16:14: Das durchaus. Also ich sage mal so, ich weiß, dass da ganz viel Arbeit schon läuft.
00:16:18: Ich weiß, dass viele Pläne, die vorbereitet wurden, jetzt auf einmal deutlich
00:16:21: beschleunigt werden, wie, glaube ich, Wahlen ehrlicherweise.
00:16:25: Ich weiß, dass in den letzten Wochen schon einige Absprachen getroffen sind,
00:16:29: dass es jetzt noch auch vor Weihnachten noch einige Termine gibt,
00:16:32: der Planung und der Koordination und so weiter.
00:16:35: Und das gilt in der Kirche, das kriege ich auch mit aus der Zivilgesellschaft
00:16:39: oder auch von konfessionsfreien Trägern und Co.
00:16:42: Das kriege ich vor allem mit auch auf Landesebene. Ich bin mir aber sicher,
00:16:45: auf Bundesebene findet sowas auch statt.
00:16:48: Von daher, da passiert ganz viel, da wird viel vorbereitet.
00:16:52: Das Thema, das wir halt haben und mit wie man jetzt gesamter Sozialbereich ist,
00:16:56: dass diese nächste Wahl vermutlich, so wie es jetzt gerade aussieht,
00:17:00: halt stark unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gefahren wird, der Wahlkampf.
00:17:04: Also Migration, ja, wird ein Thema sein, sicherlich irgendwo leider wie so häufig
00:17:07: in letzter Zeit, aber ich denke, dass das Hauptthema wird tatsächlich wirtschaftliche
00:17:12: Sicherheit und Wirtschaftspolitik und Co. sein, was ja.
00:17:15: Halt auch ein Grund für das Scheitern der jetzigen Koalition war.
00:17:19: Und da glaube ich, müssen wir einfach noch mal massiv gucken,
00:17:23: und dann meine ich es in der gesamten Sozial- und Zivilgesellschaft,
00:17:25: wie wir einerseits deutlich machen, dass wir noch ein klarer Wirtschaftsfaktor sind.
00:17:30: Ich meine, hey, einer der größten Arbeitgeber- und Arbeitsbereiche in Deutschland
00:17:34: mit echt vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
00:17:38: Und vielleicht so als Ergänzung, ein Bereich, ohne den die Wirtschaft als Support-System
00:17:43: auch ihre Fachkräfte nicht an Standorte bekommt, weil ohne Kinderbetreuung finden
00:17:47: mal Fachkräfte mit Familie, die bei dir arbeiten wollen. Viel Spaß dabei.
00:17:52: Ohne, und das ist der wichtige Punkt, ohne dass wir uns darauf reduzieren lassen.
00:17:56: Weil was ich gerade genannt habe als Aspekt, ist etwas, was auch Parteien,
00:18:00: die eher wirtschaftsfreundlich sind, zum Teil nennen.
00:18:02: Da entdecken die den sozialen Bereich auch wieder, wenn es darum geht,
00:18:05: die soziale Infrastruktur so zu sichern, dass Fachkräfte arbeiten können.
00:18:09: Da entdecken sie dann auch Kinderbetreuung und so Geschichten auf einmal,
00:18:12: aber halt nur unter diesem Aspekt.
00:18:14: Das ist, glaube ich, die Herausforderung aus meiner Sicht, einerseits deutlich
00:18:17: zu machen, wir sind wirtschaftlich definitiv ein Faktor, damit unsere Themen gehört werden.
00:18:23: Gleichzeitig aber klar zu machen, wir sind viel mehr als das.
00:18:26: Wir lassen uns nicht darauf reduzieren, reduzieren uns auch nicht selber darauf.
00:18:29: Und ich weiß, dass da viel läuft in Vorbereitung.
00:18:33: Ich weiß ehrlicherweise nicht, wie viel davon in der Umsetzung noch gelingen
00:18:38: kann, Wenn du vergleichst einfach mal, dass alle Parteien, die jetzt in den
00:18:43: Wahlkampf ziehen, die größeren zumindest,
00:18:46: sich ganz klar große Marketing- und Kommunikationsagenturen eingekauft haben
00:18:52: und für richtig Geld, die sind alle nicht billig.
00:18:55: Und dann guckst, was wir an Budgets dafür mobilisieren können vor dem Hintergrund,
00:19:01: nah an der Sozialkürzungen, NRW und Bund wahrscheinlich auch und Berlin und
00:19:05: andere Bundesländer kürzen ja auch gerade wie nichts Gutes,
00:19:08: dann ist halt dieses Ungleichgewicht auch schon wieder sehr offensichtlich.
00:19:12: Also es mangelt, glaube ich, nicht an Motivation und Einsatz und ich glaube
00:19:15: auch nicht an der Bereitschaft, sich reinzuhängen.
00:19:18: Ich bin mir auch sehr sicher, dass der Bullfahrt und seine Arbeit vor der Bundestagswahl
00:19:23: schon noch mal ziemlich eindeutig Positionen beziehen und laut werden, so gut sie halt können.
00:19:28: Und diese so gut sie halt können, ist das, was mir ein bisschen Bauchschmerzen
00:19:31: macht, weil im Vergleich zu anderen Ressourcen ist es halt doch eher so David
00:19:36: gegen Koliath, nur vielleicht ohne die Schleuder und Unterstützung von oben
00:19:41: potenziell im Vergleich zur typischen Geschichte,
00:19:43: wenn es drum läuft. Jetzt...
00:19:47: Ich habe mich gerade gefragt, wo du es ja auch so ein bisschen angesprochen hast.
00:19:51: Sollten wir vielleicht viel mehr, auch wenn es mir ein bisschen widerstrebt,
00:19:56: dass jetzt sozusagen auf diese doch dann eher neoliberale Argumentationsfigur
00:20:01: des Humankapitals aussetzen in unserer Lobbyarbeit?
00:20:07: Das ist eine große Diskussion, glaube ich. Aber ich hake da ein,
00:20:11: weil es ist so ein Punkt, den haben wir lange Gedanken gemacht und ich würde
00:20:14: tatsächlich sagen, nein.
00:20:16: Nein aus folgendem Grund, also ja und nein.
00:20:19: Ja, wir müssen klarer machen, dass wir auch das für den Wirtschaftsstandort,
00:20:26: so in sozialer Marktwirtschaft, dieser Sozialaspekt in sozialer Marktwirtschaft
00:20:30: halt tatsächlich essentiell ist.
00:20:32: Dass ohne soziale Infrastruktur du da nichts hinbekommst, was wie Wirtschaftsstandort heißt.
00:20:38: Aber wir dürfen uns nicht aus meiner Sicht in die Falle gegeben,
00:20:42: uns darauf reduzieren zu lassen.
00:20:44: Weil ich zeige dir mal kurz ein Szenario.
00:20:46: Eines ist, was mir nicht gefällt, aber das realistisch wäre,
00:20:49: wenn wir uns darauf reduzieren.
00:20:50: Also nehmen wir an, wir fahren jetzt diese primär wirtschaftliche Argumentation
00:20:54: und machen deutlich, hey, ohne Kinderversorgung, ohne Integrationsbegleitung,
00:20:58: Maßnahmen und so weiter haben wir ein Problem, liebe Wirtschaft,
00:21:00: ihr findet niemand mehr.
00:21:02: Wenn wir das durchdenken, aus einer nicht sozialen Sicht, sondern aus einer
00:21:06: wirtschaftlichen Sicht, dann kann das dazu führen, dass wir eine soziale Arbeit
00:21:10: haben, die primär dafür da ist,
00:21:13: die möglichst guten Rahmen- und Lebensbedingungen für die, und jetzt kommt der wichtige Punkt,
00:21:19: wirtschaftlich verwertbaren und relevanten Fachkräfte und Menschen zu schaffen.
00:21:24: Das widerspricht aus meiner Sicht aber inhärent dem Auftrag der Sozialen Arbeit,
00:21:28: weil wir sind dafür da, die Menschen zu unterstützen, die die meisten Unterstützung
00:21:31: und Bedarf haben, Menschenrechte und Würde zu sichern.
00:21:35: Wenn wir das aber wirtschaftlich denken, dann führt das irgendwann dazu,
00:21:39: dass wir überspitzt formuliert, da die Kinderbetreuung und Co.
00:21:43: Haben, wo die Wirtschaftsstandorte es brauchen, dass wir Integrationsmaßnahmen und Co.
00:21:48: Und auch Migrationsberatung und ähnliches nur noch für die Menschen haben,
00:21:52: die aus wirtschaftlicher Sicht in irgendeiner Form leistungsfähig und wertvoll,
00:21:56: in Anführungszeichen, für die Wirtschaft sind.
00:21:58: Führt gleichzeitig dazu, dass sämtliche Maßnahmen, die Menschen,
00:22:02: die nicht im ersten Arbeitsmarkt ermittlungsfähig sind, die vielleicht eine
00:22:07: Behinderung haben, die vielleicht zu uns flüchten vor Regimen oder sonstigen Dingen,
00:22:12: aber halt jetzt nicht die Qualifikation mitbringen potenziell,
00:22:15: die hier gebraucht wird, eventuell aus wirtschaftlicher Sicht.
00:22:18: Dass diese Maßnahmen genauso wie die Versorgung von älteren Damen und Herren,
00:22:23: wenn das jetzt nicht in einem Bereich ist, wo Familien leben mit älteren Angehörigen,
00:22:27: die wirtschaftlich relevant sind,
00:22:28: dass solche Maßnahmen eventuell weggekürzt werden, so oder dass wir irgendwann
00:22:32: den Punkt haben, dass viele Maßnahmen nur noch mit Zuschüssen,
00:22:36: zum Beispiel der Arbeitgeber oder Wirtschaft, funktionieren, was wiederum bedeutet,
00:22:40: die Versorgung der Menschen, die finanziell schlecht gestellt sind, ist nicht machbar.
00:22:44: So, wenn man es also wirklich darauf einlassen würde, ich überspitze sehr stark,
00:22:49: wird soziale Arbeit, Erfüllungsgehilfe der Wirtschaft und Servicedienstleistungsbereich
00:22:55: für den Wirtschaftsstandort.
00:22:57: Das kann man sicher so machen. Und wenn man zum Beispiel Werk-Kitas aufbaut und Co.
00:23:01: Oder Werk-Seniorenheim und all diese Geschichten, hey, be my guest.
00:23:06: Könnt ihr gerne tun mit eurem Geld, liebe Unternehmen? Sag ich nichts gegen.
00:23:10: Aber das ist für mich sehr weit weg von dem, was soziale Arbeit und Wohlfahrt
00:23:15: leisten sollen und wofür wir eigentlich da sein sollen. Sprich,
00:23:18: nichts dagegen, betriebliche soziale Infrastruktur aufzubauen,
00:23:21: wenn das Unternehmen wieder wollen.
00:23:23: Ich darf daran erinnern, in den 1560 Jahren hatten wir sowas schon Betriebswohnungen,
00:23:28: auch gerade hier im Ruhrgebiet, wo ich gerade sitze.
00:23:30: Da gab es ganze Arbeitersiedlungen und so weiter. Das hatten wir alles schon mal.
00:23:34: Haben wir nur weggekürzt aus Effizienzgründen in den letzten Jahren und dann
00:23:37: ausgelagert an das Gemeindenwesen in irgendeiner Form.
00:23:41: Aber ich würde uns sehr starr, also wäre auch kein Bereich, muss ich ehrlich
00:23:45: sagen, wo ich dann arbeiten wollen würde.
00:23:48: Weil das ist nicht Sozialarbeit für mich. Deswegen habe ich das nicht studiert,
00:23:51: deswegen arbeite ich da nicht, um den Menschen nur zu helfen,
00:23:55: die aus wirtschaftlicher Sicht relevant sind. Das ist nicht der Auftrag.
00:24:00: Dann gehe ich zu einem großen Unternehmen und reue bei denen an als Betriebssozialarbeiter
00:24:05: oder so. Das ist kein Thema.
00:24:06: Dann nehme ich die Kohle mit und dann passt das. Hat aber nichts damit zu tun,
00:24:09: was soziale Arbeit eigentlich ist. Für mich.
00:24:12: Ich muss jetzt die ganze Zeit daran denken, dass auch jetzt mit Blick auf die
00:24:17: Kürzungen, ob wir nicht schon und das ist auch, ich weiß, wie alt die Debatte
00:24:22: ist, die ich jetzt hier aufmache,
00:24:24: ob wir nicht schon längst zu einem Herrschaftsinstrument der politischen Klasse
00:24:28: geworden sind und ob wir es nicht.
00:24:32: Thema ist jetzt riesengroß, aber ich würde es trotzdem kurz ansprechen,
00:24:34: aber ob das nicht schon längst passiert ist.
00:24:36: Das eine ist die stärkere, immer stärkere Ökonomisierung der Sozialen Arbeit
00:24:41: hat durch den Trend losgestoßen, der in diese Richtung geht,
00:24:44: die Diskussion ist uralt, das ist richtig, aber also,
00:24:47: im Vergleich für die Profession, natürlich auch nicht so ewig,
00:24:50: weil die Profession an sich in Deutschland,
00:24:53: ja, auch nach dem Zweiten Weltkrieg so richtig wieder zurückkam und währenddessen
00:24:57: ja auch kann ich nur positive Seiten hatte, um es mal ganz freundlich zu sagen,
00:25:01: wie alle anderen Gesellschaftsbereiche.
00:25:04: Natürlich spielt es eine Rolle, weil natürlich kann man immer einen Vorwurf machen,
00:25:09: den höre ich ja als Mitarbeiter und der Caritas zum Beispiel auch regelmäßig,
00:25:13: dass wir nur das System stabilisieren und dafür sorgen, dass es länger funktioniert
00:25:16: und den notwendigen Umsturz verhindern, so oder hinaus zögern. Wir kennen das alle.
00:25:23: Das ist bis zu einem gewissen Grund eine Haltungsfrage. Ob du davon überzeugt
00:25:26: bist, dass dieses System Wechsel kommen soll, muss oder auch nicht.
00:25:30: Davon hängt ab, wie es bewährt ist.
00:25:32: Der entscheidende Punkt ist für mich, natürlich sind wir gebunden,
00:25:36: an die gesamtgesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Struktur, in der wir sind.
00:25:40: Bei der Demo auf der Bühne, du warst ja da, hieß es ja auch in einigen Punkten,
00:25:46: und dem einen oder anderen PolitikerInnen, die da waren, habe ich auch abgenommen,
00:25:49: dass sie durchaus persönliche Betroffenheit hatten, bei anderen jetzt nicht.
00:25:52: Die wirkten doch sehr stolz und gelassen.
00:25:55: Bei anderen hatte ich schon das Gefühl, das erreicht sie auch menschlich und
00:25:58: sie sind da nicht gerade happy mit, was sie gerade vertreten müssen.
00:26:01: Also das war schon sehr unterschiedlich.
00:26:03: Aber da kreieren wir zum Teil auch der Punkt.
00:26:07: Wir können nicht wegdiskutieren, dass es natürlich auch erstmal die Steuereinnahmen
00:26:11: braucht, um Dinge finanzieren zu können.
00:26:14: Also man muss ja einen sozialen Haushalt leisten wollen, aber auch können beides.
00:26:19: Jetzt hieß es auf der Bühne von der FDP, das kann man glaube ich so benennen,
00:26:23: weil es öffentlich war, dieses Geld gäbe es tatsächlich und sie würden es finden. Schauen wir mal.
00:26:30: Persönliche Kommentar kannst du gerne rausschneiden, wenn du willst.
00:26:33: Auf der Bundesebene haben wir es nicht gefunden.
00:26:35: Von daher, mal schauen, ob sie das auf eine Ebene schaffen. Bin gespannt.
00:26:39: Nein, aber unabhängig davon ist der Punkt, ja, wir sind in so einem System und
00:26:44: ja, es ist eine Wechselwirkung.
00:26:45: Soziale Arbeit musst du dir leisten können und wollen als Gesellschaft.
00:26:48: Wenn du wirtschaftlich einfach am Boden legst, ist da nicht viel soziale Arbeit,
00:26:52: außer ein bisschen Spenden finanziert und vielleicht von Kirchen finanziert.
00:26:56: Aber staatliche Finanzierung gibt es in vielen Ländern, die jetzt gerade entweder
00:26:59: im Krieg oder sonst was betroffen sind, Nicht, weil einfach es etwas ist,
00:27:04: was du dir als Gesellschaft leisten können musst.
00:27:07: Wollen musst auf jeden Fall, aber du musst auch die Möglichkeiten haben überhaupt.
00:27:11: Es sind der Form, wie wir es in Deutschland haben.
00:27:13: Und bei allen Problemen dürfen wir nicht vergessen, es ist immer noch eines
00:27:17: der bestausgebauten Sozialsysteme.
00:27:19: Vielleicht nicht mehr ewig lang, es mag was anderes sein mit den Kürzungen,
00:27:21: aber Stand jetzt ist Deutschland schon noch echt weit vorne vom Ländlernstandard her.
00:27:26: Vergleich jetzt zu Europa auch sonst. nordische Länder ausgenommen,
00:27:29: anderes System, mehr Steuern.
00:27:32: Das ist eine andere Geschichte. Aber der Punkt ist, wir müssen in diesem Wechselspiel
00:27:36: natürlich immer Kompromisse eingehen. Das ist so.
00:27:39: Und natürlich setzen wir auch Maßnahmen um als Träger und Mitarbeitende.
00:27:43: Bei denen man selber schon sehr schnell im Entzellen knirscht.
00:27:46: Ich habe selber auch eine Weile, ein paar Jahre in Erwachsenenbildung gearbeitet.
00:27:49: Ich war ja schon in Mexiko, dass ich auf das Jobcenter damals noch geleitet
00:27:52: habe teilweise, wo ich dann auch dachte so, wie viel Sinn macht das jetzt tatsächlich?
00:27:57: Nicht gerade mit den Leuten, die hier sitzen.
00:28:00: Also warum würden die mir geschickt, damit sie nicht kommen und es aktionieren
00:28:03: können oder weil er wirklich glaubt, das bringt was?
00:28:06: Natürlich gibt es das. Da wirst du nicht drum herum kommen.
00:28:10: Aber der Unterschied ist, bei dem, was wir vorher hatten, mit der primär wirtschaftlichen
00:28:14: Orientierung, der Unterschied ist, das gibt es.
00:28:17: Und trotzdem habe ich den Eindruck, wir arbeiten dagegen. Wir versuchen das zu verhindern.
00:28:22: Wir versuchen das zu verbessern, wo es geht. Wir versuchen es dafür einzusetzen,
00:28:25: dass trotz allem die Grundsätze berücksichtigt werden und immer noch allen Menschen
00:28:29: so gut als irgend möglich geholfen wird.
00:28:33: Im Augenblick, wenn wir uns primär wirtschaftlich fokussieren.
00:28:38: Sind wir fein damit, dass Maßnahmen für Menschen, die wirtschaftlich in Anführungszeichen
00:28:43: irrelevant sind, ich mag diese Begrifflichkeiten nicht, aber in dem Kontext
00:28:46: passt das, dann sind wir fein damit, dass diese Maßnahmen wegfallen.
00:28:50: Dann fangen wir an, nur noch Maßnahmen, Angebote, Interventionen und Co.
00:28:54: Zu entwickeln für Menschen, die nach bestimmten Kriterien relevant genug sind,
00:28:58: dass wir uns Gedanken um sie machen und ignorieren ganze Zielgruppen. Und das ist der Punkt.
00:29:04: Wenn wir da hinkommen, dann haben wir ein Problem gehabt.
00:29:07: Dann haben wir uns abgeschafft, mehr oder weniger aus meiner Sicht zumindest.
00:29:10: Und das sollte uns nicht passieren.
00:29:13: Das stimmt wohl. Auch wenn es gerade danach aussieht, dass es langsam passiert.
00:29:17: Ja, es fühlt sich so an natürlich, weil ich meine, ich hatte gestern als Hörtipp,
00:29:22: es gibt einen Podcast, Karl des NRW, Cari Talk heißt das Ding,
00:29:26: da war der Kollege auch dabei bei der Demo und der hat dann mit einigen Kolleginnen und Co.
00:29:31: Gesprochen, audiomäßig halt, hat es zusammengeschnitten, hatte ich gestern im
00:29:35: Auto gehört, ist eine schöne Folge geworden.
00:29:38: Unter anderem kommt eine Kollegin aus der Migrationsberatung mit 25 Kollegen,
00:29:42: waren die da irgendwie zu Wort.
00:29:44: Und er fragt alle halt, na, was werden die Kürzungen für euch konkret bedeuten?
00:29:48: Und sie sagt halt, naja, von den 25, die hier sind, werden dann halt 15 gehen
00:29:53: nächstes Jahr, weil wir haben die Kurve halt nicht mehr. Und sie selber dann
00:29:56: halt wahrscheinlich auch.
00:29:58: Und so, ne? Und das muss man dann ganz klar sehen in so einem Augenblick,
00:30:02: wenn man so was dann sich anguckt. wenn du tatsächlich von 25 15 abbaust,
00:30:09: Und das ist ja nicht der einzige Bereich. Ich kriege das bei den Aids-Hilfen
00:30:14: gerade mit, ich kriege das generell so auch in der übergeordneten queeren Jugendarbeit mit,
00:30:19: wenn wir jetzt mal kurz NRW verlassen, eben gesehen, dass in Berlin auch,
00:30:23: auch jetzt aufs Land bezogen,
00:30:26: massive Kürzungen anstehen, dass auch gewisse Queeringen.
00:30:29: Vielleicht für dich und auch die Zuschauer, weil du gerade Berlin erwähnt hast,
00:30:32: nur als Hinweis für die Zuschauer, falls sie es noch nicht gesehen hatten.
00:30:35: Ich hatte gestern ein Artikel gelesen, dass in Berlin die 50 Millionen,
00:30:40: die für die tarifmäßige Erhöhung der Gehälter, also nicht irgendwelche leistungsbezogene Tariferhöhung,
00:30:48: schon fest eingeplant waren, dass die 50 Millionen komplett gestrichen sind
00:30:52: aus dem Haushalt tatsächlich.
00:30:53: Berlin, was, ja. Das ist verrückt. Und genau das sind nämlich die Punkte,
00:30:57: auf die ich jetzt so hinaus wollte.
00:31:00: Je mehr ich mit Leuten rede, die betroffen sind, die genauso wie auch die Frau
00:31:04: von der Migrationsberatung sagen,
00:31:05: sogar meine eigene Stelle und die meiner Kolleginnen ist direkt betroffen.
00:31:12: Ich stelle mir dann die Frage, wo bleibt eine gewisse, und ich weiß,
00:31:16: wie schwer sich Menschen mit diesem Wort tun, was ich jetzt gleich sagen werde,
00:31:18: aber wo bleibt da eine gewisse Radikalisierung?
00:31:21: Also ab dem Moment, wo ich meinen Arbeitsplatz verliere, jetzt mal ganz egoistisch
00:31:25: betrachtet, geht das, das ist lebensverändernd, je nachdem, wie schnell ich
00:31:30: einen neuen Job finde, wo ich ihn finde.
00:31:31: Also ich kenne die Diskussion in Kapsi-Ort und ich fürchte, also meine Antwort
00:31:37: ist inzwischen eine, die noch unbequemer ist vielleicht.
00:31:40: Meine Antwort ist inzwischen, diese Radikalisierung findet statt.
00:31:43: Aber sie führt nur dazu, dass Leute den Bereich verlassen und was anderes machen.
00:31:49: Ja, okay. Das ist meine Befürchtung und meine Wahrnehmung in den letzten Jahren.
00:31:54: Diese Radikalisierung findet statt, aber sie findet nicht in dem Sinne statt,
00:31:58: wie es viele der hippie Generationen, klingt falsch, aber der 1960er Generationen
00:32:04: vielleicht wünschen würden,
00:32:05: nach dem Motto, hey, geht auf die Barrikaden, setzt euch ein radikal für soziale Arbeit.
00:32:10: Nee, ich fürchte, diese Radikalisierung hat auch was mit Resignation zu tun
00:32:15: und führt dazu, dass Menschen, viele Kolleginnen und Kollegen,
00:32:19: die wir eigentlich dringend bräuchten, dann halt was anderes machen.
00:32:22: Und ich treffe inzwischen, ich bin ja auch im Digitalbereich unterwegs und komme
00:32:25: deshalb in Wirtschaft rum und so ein bisschen freiberuflich.
00:32:28: Immer mehr Menschen, die früher mal Sozialarbeiter waren und jetzt zum Beispiel
00:32:33: Unternehmenskommunikation sitzen oder in Stiftungsprojekten oder Förderprojekten,
00:32:38: also oder Fördergebern oder sowas, die sich um Sachen kümmern,
00:32:40: was ja einerseits gut ist,
00:32:42: weil da kommt dann soziale Fachkompetenz in die Bereiche, wo die Entscheidungen
00:32:46: über Gelder getroffen werden, die jetzt nicht staatlich sind.
00:32:48: Das ist ja an sich eine positive Entwicklung.
00:32:51: Auf der anderen Seite höre ich von denen halt im Gespräch, beim Kaffee,
00:32:55: in der Pause und so, und da gibt es dann halt ganz oft den Satz,
00:32:57: ich war da eigentlich echt gern lange, aber es ging halt echt nicht mehr.
00:33:02: Und ich hatte irgendwann auch die Schnauze voll, mich ständig frustrieren zu
00:33:05: lassen und ständig gegen Windmüll zu kämpfen.
00:33:07: Da mache ich lieber, das hier ist besser bezahlt, kann ich auch Menschen helfen.
00:33:10: Ist zwar schade, aber ist definitiv die bessere Wahl für meine Familie und mich,
00:33:15: so sinngemäß in verschiedenen Varianten.
00:33:18: Und mein Gefühl ist immer mehr, weil das die letzten Jahre halt so waren,
00:33:22: in letzter Zeit noch mehr wird im letzten Dreivierteljahr meiner Wahrnehmung
00:33:25: zumindest, das ist immer anekdotisch, aber schon eine Menge Leute,
00:33:29: dass das, fürchte ich, die Form der Radikalisierung ist, sondern so,
00:33:33: was eine radikale Resignation halt ist. Und so sagen, Leute, ich gebe es auf.
00:33:37: Das war es dann halt, dann halt nicht. Genauso im Pflegebereich,
00:33:40: wo eben mehr Leute dann auch gehen und nicht wollen.
00:33:43: Oder Rettungsdienst, weil es noch bescheidener bezahlt wird.
00:33:45: So Geschichten und meine Befürchtung ist, dass das die radikale Reaktion ist
00:33:51: und nicht die Radikalisierung, die sich alle so aller französischer Revolution
00:33:54: mit dem Balkan wünschen,
00:33:56: sondern eher das Gegenteil, dass die Leute, die bisher sehr motiviert waren, irgendwann sagen,
00:34:01: okay, mein Reservoir ist erschöpft,
00:34:04: war es dann ein netter Versuch, ich gucke mich woanders an.
00:34:09: Das ist meine Befürchtung, was die Radikalisierung ist, die wir sehen in dem Bereich, Karl.
00:34:13: Ich will jetzt nicht aufmachen, inwiefern Resignation und Radikalisierung da
00:34:18: hergeht, aber du hast es ja gerade radikale Resignation genannt.
00:34:21: Da kann ich dann, glaube ich, mitgehen. Also, weiß, dass du mit Radikalisierung
00:34:24: weißt, ich würde mir das auch wünschen.
00:34:26: Ich glaube nur, dass an dem Punkt, wo die Leute sich radikalisieren müssten,
00:34:32: sie nicht mehr die Energie haben, um das zu tun.
00:34:35: Ja, und da wollte ich gerade nämlich noch hinaus. Ja, das befürchte ich auch.
00:34:39: Beziehungsweise auch jetzt anekdotische Evidenz, aber einfach um das,
00:34:42: was du gesagt hast, noch so ein bisschen zu untermauern.
00:34:45: Wenn ich an Studierende denke, mit denen ich auch beruflich ziemlich viel Kontakt so habe,
00:34:50: dann kriege ich gerade bei denen, die jetzt so auf Bachelor zugehen oder ihnen
00:34:53: gerade frisch gemacht haben, auch zum Teil wirklich mit, dass sie,
00:34:57: noch bevor sie richtig in die soziale Arbeit eingestiegen sind,
00:34:59: schon mit dem Gedanken spielen, was mache ich hier eigentlich?
00:35:02: Also die sind zum Teil dann auch Anfang, Mitte 20 und sehen dann,
00:35:05: was ja auch durchaus richtig ist, die Möglichkeit, ich kann ja nochmal was anderes machen.
00:35:10: Das stimmt. Das ist auch nicht falsch, aber es ist halt dann eine Resignation,
00:35:14: bevor man überhaupt ins Arbeitsfeld reingegangen ist, weil viele Studierende
00:35:17: wahrscheinlich auch einfach die Arbeitserfahrung gerade machen,
00:35:21: wie es ist, in unterbesetzten Teams zu arbeiten,
00:35:23: wie es ist, von diesen Kürzungen dann betroffen zu sein und man sich dann einfach
00:35:27: auch mit Blick auf Lebens- und Zukunftsplanung die durchaus berechtigte Frage
00:35:30: stellen muss, wie gut kann ich mir mein Leben aufbauen, wenn ich in der Wohlfahrtspflege bleibe.
00:35:36: Da bin ich dabei, nur beim Natürlichen sagen muss, dass das auch andere strukturelle
00:35:40: Sachen in der Rolle spielen.
00:35:41: Zum Beispiel, du kennst es so gut wie ich, Ausbildung und Studium sind jetzt
00:35:45: nicht gerade dazu angetan, denn allermeisten Fernsehminnungsstudiengänge sind
00:35:48: nicht dazu angetan, rechtzeitig Praxiserfahrung zusammen aufzukriegen.
00:35:52: Was ist das überhaupt für mich?
00:35:54: Also da ist schon auch ein nicht kleiner Teil dabei, der hätte er früher die
00:35:58: Praxisluft geschnuppert, vielleicht früher gemerkt hätte, okay,
00:36:02: Das ist vielleicht jetzt doch nicht die richtige Ecke beruflich für mich.
00:36:05: Und das andere ist, das muss man auch ehrlicherweise sagen, da tue ich mir immer
00:36:11: schwer, wenn wir jetzt hier über auch die kritischen Themen reden,
00:36:14: weil ich habe auch schon genug Studierende erlebt,
00:36:17: die, wenn sie in die Praxis erlebt haben und vielleicht immer ein positives
00:36:20: Beispiel von Trägern, weil man muss ja auch dazu sagen, es gibt ja auch eine
00:36:23: Menge Gute, trotz Personalmangel und die meisten, sonst hätten wir ja keine Mitarbeiter mehr.
00:36:28: Die dann tatsächlich auch ein anderes Bild haben und die einfach auch im Medialten,
00:36:32: sehr stark ein negatives Bild vermittelt bekommen.
00:36:35: Und da tue ich mir auch immer schwer, weil es ist wichtig, darauf hinzuweisen,
00:36:39: auf die realen Probleme und Änderungen anzumahnen.
00:36:42: Andererseits darf das nicht dazu führen, dass wir junge oder kommende Kollegen
00:36:47: praktisch schon im Vorfeld demotivieren, weil auch der Eindruck entsteht,
00:36:50: na ja, schau, die sind selber lange dabei und sagen ja auch nur,
00:36:53: dass es Probleme gibt. Was mache ich hier eigentlich?
00:36:55: Das ist halt auch ein Zerrbild. Das ist auch nicht die Realität,
00:36:59: Weil ich kenne auch sehr viel mehr Leute als Frustrierte, die zufrieden und
00:37:02: hacky sind mit ihrem Job und den gern machen.
00:37:05: Ich kenne auch Kolleginnen, die ihren Job seit 30 Jahren machen und immer noch
00:37:08: Spaß haben in der Sozialen Arbeit und den auch weitermachen werden.
00:37:12: Also die gibt es schon auch.
00:37:13: Also man kann ja auch frustriert von den strukturellen Rahmenbedingungen sein
00:37:17: und trotzdem motiviert und gut in seiner Arbeit.
00:37:20: Also das kann ja koexistieren. gerne machen, auch wenn man weiß,
00:37:23: dass die Gesellschaft das vielleicht nicht so honoriert, wie man es gerne hätte.
00:37:27: Also ich glaube, da spreche ich ja auch für uns beide. Ich bin auch frustriert.
00:37:31: Ich habe auch irgendwie eine gewisse, ich sage mal, gesunde Wut in meinem Bauch,
00:37:34: aber ich gehe trotzdem super gern zur Arbeit.
00:37:36: Ich liebe meinen Beruf. Gleiches Ding.
00:37:38: Ich kritisiere zwar, wir müssten viel mehr tun, aber gleichzeitig habe ich unheimlich
00:37:42: Spaß daran, an dem, was ich tun darf in meiner Arbeit, sei es beruflich oder frei durch angestellt.
00:37:48: Aber am Ende des Tages landen wir trotzdem bei dem Punkt und das ist schon so.
00:37:52: Dass wir, zurück zu der letzten Frage, die Entwicklung und wo geht es hin.
00:37:59: Dass wir gefühlt, wahrscheinlich hat das jede Generation vor uns auch gedacht,
00:38:03: von daher, wenn jetzt ältere Kolleginnen zugucken und es leicht belächeln, es sei euch gegönnt.
00:38:08: Ich sage trotzdem, wie ich es denke, gefühlt sind wir gerade trotzdem an so
00:38:12: einer durchaus entscheidenden Weggabelung, wo es in den nächsten,
00:38:16: ich sage mal, fünf Jahren, um irgendeine Zahl zu nennen, schon auch so ein bisschen
00:38:20: eine Entscheidung darüber treffen wird.
00:38:22: Und fünf Jahre ist gar nicht mal so duftgegriffen, weil wir ja auch nächstes
00:38:25: Jahr eine neue Bundesregierung mit vier Jahre, wenn sie so lange hält,
00:38:28: vier Jahre in der Legislaturperiode haben werden, wo sich, glaube ich,
00:38:32: schon ein paar Weichen auch Entscheidungen stellen werden.
00:38:35: Ja, wie soll diese soziale Infrastruktur aussehen?
00:38:38: Was können wir noch erhalten? Was machen wir da eigentlich? Was ist auch noch gewollt?
00:38:44: So muss man ehrlicherweise ja auch sagen. Es geht ja nicht um Politik.
00:38:47: Wenn der gesellschaftliche Ausschrei, auch wenn die Demo jetzt breit berichtet
00:38:51: wurde, über die wir gerade sprechen.
00:38:52: Süddeutsch hat geschrieben, FZ hat geschrieben, die Tagesschau hat er im Bericht.
00:38:56: Es hatten verschiedene kleinere TV-Sender, was da ist, was Radio da ist.
00:39:00: Das wurde ja wahrgenommen. Das war eine der wenigen Demos, die auch wirklich
00:39:03: überregend an Medial zur Kenntnis genommen wurde.
00:39:06: Der gesellschaftliche Aufschrei ist trotzdem massiv ausgeblieben.
00:39:09: In meinem direkten Freundes- und Bekanntenkreis haben es nur wenige mitbekommen
00:39:12: oder überhaupt gelesen, wenn sie denn die Artikel gesehen haben.
00:39:16: Und da muss ich dann mir persönlich einfach auch die Frage stellen.
00:39:19: Ja, ich kann die Politik kritisieren, ist so ich natürlich auch,
00:39:22: aber am Ende kann Politik auch nur das durchsetzen, was gesellschaftlich in
00:39:27: irgendeiner Form akzeptiert wird.
00:39:29: Und wenn der gesellschaftliche Aufschrei unglaublich laut wäre,
00:39:33: dann würden da auch viele ihre Wiederwahl nicht riskieren wollen.
00:39:37: Wenn aber der gesellschaftliche Aufschrei ausbleibt, dann müssen wir die Frage
00:39:42: stellen, was ist denn gesellschaftlich überhaupt noch gewollt von dem,
00:39:45: was wir gerade anbieten und arbeiten tatsächlich und wo fehlt es am gesellschaftlichen
00:39:51: Willen oder der Priorität und wo tut es dann vielleicht den Leuten erst weh,
00:39:55: wenn es fehlt. Das wollte ich aber nicht hinaus.
00:39:58: Dann ist es zu spät und das gleichzeitig, und das ist ja ein Paradoxon der Sozialen Arbeit,
00:40:04: gute soziale Arbeit löst sich ja irgendwann von selber auf.
00:40:08: Sollte sich abschaffen.
00:40:10: Und gute soziale Arbeit bekommt die Mehrheit der Gesellschaft gar nicht wirklich
00:40:15: mit, weil es funktioniert ja in dem Sinne.
00:40:18: Es ist wie Strom Internet, Gas, Wasser, Reizung. Du merkst es,
00:40:24: wenn es fehlt. Nicht so lange es läuft.
00:40:27: Das heißt aber, es ist genauso grundlegend essentiell, wichtig,
00:40:30: wie die genannten Punkte.
00:40:33: Das ist der entscheidende Punkt. Ich würde es sogar fast noch mit Logistik vergleichen,
00:40:38: weil es ist so ein bisschen wie die Elgräser auf der Autobahn.
00:40:40: Die gehen dir alle auf die Nerven, bis sie wegbleiben und du nichts mehr im Supermarkt findest.
00:40:44: Was wir vor vier Jahren ja gemerkt haben, wie schnell so eine Logistikbranche
00:40:48: zusammenbricht und was das dann für die Alltagswelt bedeutet. Ja, richtig, genau das.
00:40:54: Und das ist halt aus meiner Sicht dieser Punkt.
00:40:58: Wo, glaube ich, wir auch im Studium und Ausbildung auch viel,
00:41:01: viel stärker Ambivalenz, Toleranz und Resilienz vermitteln müssen,
00:41:05: weil es ist eine extrem ambivalente Geschichte einerseits mit den Menschen, mit denen du arbeitest,
00:41:10: hoffen dich, wenn alles gut läuft, Dankbarkeit und Wertschätzung irgendwo zu
00:41:13: erfahren, weil du merkst, was du tun kannst für die Leute.
00:41:16: Und andererseits zu merken, wie wenig du gesellschaftlich zur Kenntnis genommen
00:41:20: wirst, so, wenn nicht gerade eine Pandemie läuft.
00:41:24: Und auf der anderen Seite die Resilienz, ja, ehrlicherweise auch mit diesem,
00:41:29: ich nenne es jetzt mal so, Dauerstressfaktor umzugehen, dass du zwar nicht direkt
00:41:34: betroffen bist von der Politik, weil deine Arbeit im Alltag ändert sich erstmal
00:41:37: nicht, bis Kürzungen kommen.
00:41:39: Du aber gleichzeitig natürlich, wenn du dich halt nicht interessierst,
00:41:41: medial dieses Dauerfeuer schon mitbekommst. Na, logischerweise,
00:41:46: da kommst du ja nicht dran vorbei. Du kannst ja nicht ausblenden komplett.
00:41:49: Und ich glaube, diese Ambivalenz- und Resilienztoleranzen müssen wir,
00:41:55: glaube ich, noch viel stärker ausbilden, auch bei den Nachwuchskräften,
00:42:00: weil das sind Fähigkeiten, die werden dadurch nicht weniger wichtig in dem nächsten
00:42:03: Jahr, fürchte ich, wenn du den Job was machen willst, ohne dabei deine eigene
00:42:08: mentale Gesundheit zu riskieren.
00:42:10: Und dann auch aus Selbstschutz die Branche eventuell zu verlassen,
00:42:14: um da wieder zu sein. Ja, natürlich.
00:42:16: Und dann fehlen natürlich die Leute, die wir eigentlich brauchen.
00:42:20: Vielen Dank. Ich weiß nicht, ob du noch was loswerden willst.
00:42:24: Wir haben viel besprochen. Vielleicht ein Abschluss, ein Wunsch,
00:42:29: vor allem an junge Kollegen und Kolleginnen und Studierenden,
00:42:31: mit denen ich heute arbeiten darf.
00:42:33: Ich finde soziale Arbeit immer noch die schönste Profession,
00:42:38: die ich jemals ergreifen konnte und bereust keine Sekunde, das getan zu haben.
00:42:42: Ich würde euch nur empfehlen, gestaltet eure soziale Arbeit,
00:42:47: vor allem auch eure Arbeitsweise, so wie sie für euch passt.
00:42:51: Mich als Beispiel, ich bin Sozialarbeiter, ich werde das immer bleiben,
00:42:54: aber ich mache viel digital nebenher und andere Sachen.
00:42:58: Ich hergebe immer mehr SozialarbeiterInnen und Fachkräfte, die neben ihrer Sozialen Arbeit
00:43:03: selbstständig noch was anderes machen, wo sie ihre Fähigkeiten in anderen
00:43:07: Bereichen sinnvoll einsetzen können.
00:43:09: Sie ja auch kümmern. Also da ist einfach der Appell an euch,
00:43:13: denkt aus den klassischen 100%-Anstellungen mal raus, die findet ihr eh nicht
00:43:19: mehr so extrem viel in deinen Arbeitsfeldern, Teilzeit wird immer normaler werden,
00:43:23: auch mit den Finanzierungen.
00:43:24: Überlegt euch, ob Teilzeitanstellung, Teilzeitselbstständigkeit,
00:43:28: wo ihr eure sozialen Fähigkeiten und die Habtfähigkeiten, die andere Berufe
00:43:33: nicht ausbilden, das ist einfach so.
00:43:36: Kommunikationsfähigkeit und Verständnis zu Gruppendynamik und andere Geschichten,
00:43:40: überlegt euch, ob so ein Hybridmodell aus Teilzeitanstellung und Teilselbstständigkeit
00:43:45: in einem bewusst anderen, vielleicht verwandten Bereich für euch ein Weg sein
00:43:50: kann, der einerseits mit Teil der Gesundheit und Frustration und Zufriedenheit verteilt.
00:43:55: Andererseits aber auch finanziell eine andere Basis und Sicherheit schafft,
00:43:59: sollten dann doch mal Kürzungen, die an der Stellung sozialen vielleicht temporär beenden.
00:44:04: Und ihr müsst euch was Neues suchen. Also nur das als Gedankengang.
00:44:07: Ich bin mir sicher, wir haben da viel Potenzial in dieser Profession,
00:44:11: wenn wir viel Fähigkeit mitbringen.
00:44:13: Überlegt euch, ob ihr weg von der klassischen Reihenanstellung denkt und Hybridmodell,
00:44:19: sodass sie uns erhalten bleibt, aber gleichzeitig andere Dinge tun könnt und
00:44:24: für euch da auch andere Erfahrungen und Sicherheit schaffen könnt vielleicht.
00:44:28: Das finde ich ganz cool, wenn das mehr machen würde.
00:44:31: Dankeschön. Kann ich mich nur anschließen bei den letzten Worten.
00:44:33: Definitiv. Danke dir. Danke.
00:44:34: Music.